An dieser Stelle werde ich in unregelmäßige Abständen über die Arbeit im Stadtrat bzw. in den Stadtratsausschüssen berichten. Es soll dabei nicht darum gehen, was die anderen machen oder eben nicht machen, ich will Ihnen und euch nur meine Haltung zu den öffentlichen behandelten Themen darlegen.
* Aus dem Ältestenausschuss (23.11.2020)
!! Zur Beratung steht unser Antrag zum Thema „Befristete Archivierung des Livestreams“. Dazu meine Position:
Die Welt verändert sich. Die Welt wird digitaler. Und auch die Stadt Bayreuth muss sich endlich auf Zukunft einlassen. Das tut sie, indem wir jetzt endlich beginnen, über ein Konzept zur Digitalisierung der Verwaltung zu reden und damit den Willen zu demonstrieren, die Verwaltungsvorgänge zu vereinfachen, verständlicher und einfacher nutzbar zu machen. Nicht nur für die Verwaltung selbst, sondern vor allem für die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt. Das besprechen wir ja auch im folgenden Tagesordnungspunkt.
Transparenz ist gefragt
In diesem Kontext sollten wir alle auch unser Bemühen sehen, die Debatten im Stadtrat transparenter, niederschwelliger und nachhaltiger verfügbar zu machen. Möglichst viele unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger sollen in die Lage versetzt werden, die Debatten im Stadtrat zu verfolgen. Deshalb hat der Stadtrat bereits den Livestream beschlossen, also die Übertragung der Stadtratssitzung via Internet.
Flagge zeigen
Das ist gut, das war nicht immer einfach. Lange sperrten sich Stadträte und auch Referenten dagegen, dass sie aufgenommen und gezeigt werden. Das ist nun gottlob Geschichte. Alle Mitglieder des aktuellen Stadtrats und (fast?) alle Referentinnen und Referenten sind zwischenzeitlich einverstanden, sich sicht- und hörbar einer breiteren Öffentlichkeit zu stellen.
Jetzt nicht stehenbleiben
Alles gut also? Nein! Wir dürfen nicht auf der halben Wegstrecke stehenbleiben. Sondern wir müssen die Stadtratsdebatten auch für eine gewisse Zeit – 2 Wochen, 3 Wochen oder gar 4 Wochen – in einer Mediathek für alle Interessierten verfügbar machen. Niemand will, dass diese Aufzeichnungen herunterladbar sein sollen, weil das bedeuten könnte, dass die Beiträge auf immer und ewig durchs Netz flimmern. Niemand will, dass die Aufzeichnungen missbraucht werden (was auch zu verhindern ist, indem man auf entsprechende Straftatbestände hinweist). Die Inhalte sollen lediglich, für einen bestimmten Zeitpunkt, verfügbar sein.
Kaum jemand hat nachmittags Zeit
Ein Livestream allein nämlich macht keinen Sinn. Weil er alle die nicht erreicht, die zur Zeit der Ausstrahlung verhindert sind. Also: Die überwiegende Zahl der Arbeitnehmer, Urlauber, Frauen und Männer, die zu der Zeit anderweitig beschäftigt sind, Eltern, die gerade Hausaufgaben machen mit den Kindern, einkaufen etc. Wollen wir uns also wirklich den Luxus erlauben, dass wir all die Menschen, die wir eigentlich transparent über den Umgang mit drängenden Themen in diesem Stadtrat informieren sollten, nicht informieren wollen? Ich will das nicht!
Und der Datenschutz?
Die Verwaltung beruft sich in der Sitzungsvorlage vor allem auf den Datenschutz, wenn sie zu einer Ablehnung unseres Antrags rät. Dem vermag ich sogar ein stückweit zu folgen. Aber eben nur ein kleines Stück weit. Richtig ist, dass der Landesbeauftragte für Datenschutz folgendes festhält: „…Daher sehe ich ohne gesonderte gesetzliche Regelung keinen Raum, auf Basis einer Einwilligung diese Datenübermittlung für zulässig zu halten.“ Richtig ist auch, dass der Bayerische Landesbeauftragte für Datenschutz damit gebetsmühlenartig seine Skepsis vor bald jeder Art von Liveübertragung wiederholt (seit dem Jahre 2004, als ob sich die Welt seither nicht verändert hätte). Richtig ist aber auch, dass es an keiner Stelle explizit untersagt worden wäre, eine zeitlich befristete Übertragung des Mitschnitts ins Internet zu stellen.
Andere machen es uns vor
Genau deshalb bieten in Bayern (und in den übrigen Bundesländern sowieso) Städte und Gemeinden teilweise seit Jahren verantwortungsvoll und erfolgreich diese besondere Form der Bürgerinformation. Die Stadt München tut das, die Stadt Pfaffenhofen ebenso, auch die Stadt Herrieden. Und keine dieser Kommunen wurde bislang jemals dafür gerügt. Dafür ernten sie, seitens der Bürger, Lob und Zuspruch für ihr Tun. Ich meine: Je mehr Menschen nachvollziehen können, wie Stadträte zu ihren Beschlusslagen gelangen, wie ernsthaft sie dabei um Lösungen ringen, desto weniger Platz bieten wir Verschwörungstheoretikern. Je offener und transparent wir sind, desto größer die Teilhabe der Menschen.
Niemand will den Datenschutz aushebeln. Wir alle sind bereit zum Livestream. Und wenn wir alle – im Interesse der Menschen, die wir hier vertreten – diesen Livestream wollen, weil wir ihn für wichtig erachten, dann sollten wir auch, zeitlich befristet, diese Aufzeichnungen von ohnehin öffentlichen Sitzungen für eine breitere Öffentlichkeit verfügbar machen. Weil die Bürger das so wollen. Deshalb unser Antrag. Gehen wir mutig voran. Für unsere Bürgerinnen und Bürger.
Wie geht es weiter?
Erfreulicherweise hat eine breite Mehrheit im Ältestenausschuss den Beschlussvorschlag der Stadtverwaltung, unseren Antrag abzulehnen, abgeschmettert. Damit ist freilich der Weg zu einer zeitlich befristeten Archivierung des Livestreams längst noch nicht frei. Zunächst soll mit dem bayerischen Innenministerium geklärt werden, ob es, trotz der vorhandenen Bedenken des obersten Datenschützers im Freistaat, rechtlich zulässig und vielleicht sogar wünschenswert ist, diese besondere Form des Bürgerservices umzusetzen. Ferner sollen die Kosten abgeklärt werden. Und es soll geprüft werden, ob dann die genannte Aufzeichnung noch nutzerfreundlich aufbereitet werden kann.
Mein Fazit
Der Antrag, den ich auch namens der Fraktion FDP/DU/FL gestellt habe, hat sich schon jetzt gelohnt. Weil er zum einen die Debatte über notwendige Bürger-Dienste geweitet hat und weil wir jetzt bei diesem Thema weiter sind als jemals zuvor. Bin gespannt über den weiteren Verlauf. Und hoffe weiterhin auf so breite Zustimmung im Stadtrat.
!! Das Digitalisierungskonzept
Die Stadt verabreicht sich selbst eine stattliche Prise Zukunft. Mit einem gründlich vorbereiteten Digitalisierungskonzept soll in einem ersten Schritt die Verwaltung fit gemacht werden für die digitale Welt. Natürlich braucht man da nicht bei Null anzufangen, weil es ja durchaus schon Ansätze gibt. Aber es braucht ein Projekt- und Prozessmanagement, es braucht Fortbildung, es braucht Software, es sollen zwei Vollzeitstellen geschaffen werden für die Umsetzung der Digitalisierung. Vor allem braucht es aber die Bereitschaft aller, das zum Wohle der Bürger anzupacken.
Weiter auf dem Vorhabenzettel:
- Entwicklung eines internen Flottenmanagements nebst
Elektrifizierung des städtischen Fuhrparks - Kompetenzzentrum digitale Bildung
- Die Stadt Bayreuth beteiligt sich am Förderprojekt „Modellprojekte Smart Cities“
- Insgesamt sollen, die Bereitschaft des Stadtrats vorausgesetzt, 2021 190.000€ für den Startschuss des Digitalisierungsprojekts in den Haushalt eingestellt werden; die Stadt will sich aber auch um eine Förderung bemühen.
Mein Fazit:
Ein dringend erforderlicher Schritt. Angesichts der Komplexität der kommunalen Verwaltungsarbeit ist Digitalisierung Pflicht. Sie hilft den Bürgerinnen und Bürgern, die erleichtert die Arbeit. Wichtig ist aber auch, dass es auch in Zukunft Mittel und Wege für alle jene geben muss, die nicht digital unterwegs sind. Das müssen wir sicherstellen – beispielsweise durch Bürgerbüros.
!! Thema Partnerstadt mit einer Stadt in Israel
Eine verlockende Idee, zumindest auf den ersten Blick. Weil die Stadt Bayreuth durch eine solche Partnerschaft ein stückweit Wiedergutmachung leisten könnte für die Untaten während der Zeit des Nationalsozialismus. Wir sollten diese Idee auch im Hinterkopf bewahren, daran arbeiten, dafür werben. Nur schreit eine solche Idee nach gründlicher Vorbereitung. Und es reicht eben nicht, eine Partnerschaft mal eben mit einem Schriftstück zu besiegeln. Solcherart angeleierten Partnerschaften nämlich sind von vornherein zum Scheitern verurteilt.
Zudem hat Bayreuth genügend Arbeit damit, die bereit bestehenden Partnerschaften am Leben zu erhalten. Man muss leider konstatieren, dass auch die Begeisterungen der Vereine und Verbände zur Mitwirkung bei dieser Form internationaler Beziehungen mitunter nicht mehr so ausgeprägt ist wie das vor zehn, zwanzig Jahren der Fall war. Auch Jugendaustausche werden nicht mehr so stark nachgefragt. In einer solchen Phase nebenbei eine Partnerschaft mit einer Kommune in Israel anzuleiern, wäre wohl fahrlässig.
Deshalb hat unsere Fraktion jetzt gegen eine solche Partnerschaft gestimmt.
Aber wir sollten gleichwohl nicht müde werden, die Bayreuther Universität bei ihrer Zusammenarbeit mit israelischen Hochschulen stärker als bisher zu unterstützen, Delegationen hier zu empfangen und immer wieder deutlich machen, dass Bayreuth es ernst meint mit der Freundschaft zu den Menschen in Israel. Das gilt es auch durch eine enge, freundschaftliche Zusammenarbeit mit der Israelitischen Kultusgemeinde Bayreuth und der Deutsch-Israelischen Gesellschaft zu untermauern.
Mein Fazit
Aktuell kann die Stadt keinerlei neue Partnerschaft verkraften. Deshalb habe ich auch gegen die Idee gestimmt, jetzt eine solche Partnerschaft mit einer Stadt in Israel anzuleiern. Ungeachtet dessen sind wir alle uns bewusst, dass wir nicht müde werden dürfen, die furchtbaren Verbrechen des Nationalsozialismus zu benennen und alles zu tun, dass sich solche Entwicklungen nicht wiederholen. Wir müssen die Lehrern aus der Geschichte ziehen – im Interesse einer guten Zukunft. Deshalb bin ich natürlich für die Errichtung einer Stele, die an die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus in Bayreuth erinnern soll. Deshalb unterstütze ich die Idee, die dunkelsten Kapitel der Bayreuther Geschichte offen und kompetent im Rahmen eines neuen Museumskonzeptes aufzuarbeiten. Deshalb ist auch die Ausstellung „Verstummte Stimmen“ so wichtig.
!! Klima-Bündnis
Das Klima-Bündnis (Klima-Bündnis der europäischen Städte mit indigenen Völkern der Regenwälder | Alianza del Clima e.V.) ist mit 1.800 Mitgliedskommunen das größte europäische Netzwerk von Städten und Landkreisen, das sich dem Klimaschutz verschrieben hat. Bayreuth war bislang als einzigste Bezirkshauptstadt nicht Teil dieser Allianz. Das soll sich nun ändern. Eine entsprechende Vorlage des Ältestenausschusses muss nun der Stadtrat noch beschließen. Was sind die Vorteile einer solchen Mitgliedschaften (Jahresbeitrag für die Stadt: rund 560 Euro)? Die Allianz unterstützt die Kommune bei allen Klimaschutzfragen, sie bietet ein Netzwerk des Wissens. Gleichzeiti schlägt der Ältestenausschuss dem Stadtrat vor, im Rahmen der Mitgliedschaft bei der Europäischen Metropolregion Nürnberg den dort beschlossenen Klimapakt mitzutragen und umzusetzen.
Mein Fazit
Na klar, das macht Sinn! Die Maßnahmen wieder den Klimawandel stellen auch die Stadt Bayreuth in den kommenden Jahrzehnten vor gewaltige Herausforderungen. Da ist jede Partnerschaft sinnvoll.
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